Montag, 26. April 2021

Staaten geben mehr für Militär aus – trotz Pandemie

1.981.000.000.000 US-Dollar – so viel investierten Länder weltweit im vergangenen Jahr in ihre Streitkräfte. Die USA gaben am meisten aus, China will aufholen. Und auch Deutschland hat seinen Anteil am Zuwachs.

Die weltweiten Ausgaben für Militär sind 2020 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Das geht aus der jährlichen Erhebung des schwedischen Friedensforschungsinstituts Sipri hervor. Demnach investierten 2020 Staaten weltweit insgesamt 1981 Milliarden US-Dollar ins Militär. Das bedeutet einen Höchststand seit Beginn der Sipri-Erhebungen im Jahr 1988. 2019 hatten die globalen Militärausgaben bei 1,917 Billionen Dollar gelegen.

»Wir können mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass die Pandemie keinen signifikanten Einfluss auf die globalen Militärausgaben im Jahr 2020 hatte«, sagt Sipri-Forscher Diego Lopes da Silva. Das zeigt sich etwa beim Anteil der Militärausgaben am globalen Bruttoinlandsprodukt. Dieser ist um 0,2 Prozentpunkte gewachsen und beträgt nun 2,4 Prozent.

Mit 778 Milliarden Dollar und einem Plus von 4,4 Prozent zum Vorjahr bleiben die USA mit Abstand das Land mit den höchsten Militärausgaben – sie allein sind für rund 39 Prozent der globalen Verteidigungsausgaben verantwortlich. Das ist fast so viel wie die Wehretats der nächsten zwölf Länder der Rangliste zusammen.

»Die USA haben vor allem in die Modernisierung des Atomarsenals investiert, aber auch im großen Stil konventionelle Waffen, Schiffe und Kampfflugzeuge gekauft«, sagt Alexandra Marksteiner vom Sipri-Insititut. Das liege zum einen an der Verteidigungspolitik des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, aber auch an den »wahrgenommenen Bedrohungen durch China und Russland«. Während die US-Militärausgaben zwischen 2010 und 2017 sanken, stiegen sie nun das dritte Jahr in Folge.

China versucht, den Rückstand zu reduzieren. Seit 26 Jahren wächst der chinesische Wehretat ununterbrochen. Mit 252 Milliarden war China für 13 Prozent der weltweiten Militärausgaben verantwortlich. »Peking führt seit Jahren sehr teure Modernisierungspläne durch, besonders im Marinebereich«, sagt Marksteiner.

Auch Indien gibt immer mehr Geld für das Militär aus. Mit 72,9 Milliarden Dollar belegt das Land den dritten Platz der Sipri-Rangliste. Der Wehretat wuchs um 2,1 Prozent. Neben der Rivalität mit China gilt auch der Kaschmir-Konflikt als Grund für die kontinuierliche Steigerung.

Russland steigerte seine Militärausgaben ebenfalls – 61,7 Milliarden Dollar bedeuten einen Zuwachs von 2,5 Prozent im Vergleich zu 2019. Jedoch gab Russland 2020 6,6 Prozent weniger Geld aus als im Verteidigungsbudget geplant.

Auf Platz fünf überholt Großbritannien mit Militärausgaben von 59,2 Milliarden Dollar Saudi-Arabien (57,5 Milliarden). Trotz des Krieges im Jemen sinken die Ausgaben des arabischen Königreichs seit Jahren. Sipri führt dies auf fallende Ölpreisen zurück.

Insgesamt waren die ersten fünf Länder der Sipri-Erhebung zufolge für 62 Prozent der globalen Rüstungsausgaben verantwortlich.

Deutschland liegt im Sipri-Ranking mit Militärausgaben von 52,8 Milliarden US-Dollar auf Platz sieben. Das ist laut Marksteiner der höchste Wert seit 1993. Im Vorjahr waren es knapp 50 Milliarden gewesen. Die deutschen Militärausgaben wachsen seit 2015.

Wie schon 2019 weist Deutschland den stärksten Zuwachs (5,2 Prozent) unter den ersten zehn Ländern auf. Laut Marksteiner liegt das unter anderem an der Verteidigungspolitik der Union und an Donald Trump. Der ehemalige US-Präsident habe den ohnehin schon großen Druck aus Washington für mehr Militärausgaben nochmals erhöht. Allerdings bleibt Deutschland immer noch weit vom Ziel der Nato entfernt, zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben – auch dies hatte Trump wiederholt angemahnt. Laut Sipri lag der Anteil der deutschen Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2020 bei 1,4 Prozent.

Im kommenden Jahr erwartet Sipri einen weiteren Zuwachs des deutschen Wehretats. Dies sei Teil eines europäischen Trends. Die Verteidigungsausgaben in Europa stiegen 2019 um fünf Prozent, im vergangenen Jahr um vier Prozent. Insgesamt wurden in Europa 378 Milliarden für das Militär ausgegeben. Im Zehn-Jahres-Vergleich entspricht das einem Zuwachs von 16 Prozent.

Obwohl die weltweiten Militärausgaben im vergangenen Jahr stiegen, sei es noch zu früh, um die allgemeinen Auswirkungen der Coronapandemie einzuschätzen, sagt Marksteiner: »Der Zuwachs ist das Ergebnis von langfristigen Planungen, die nicht immer leicht zu korrigieren sind.« In einem Jahr gebe es mehr Klarheit.

Streit um Patent auf Alzheimer-Affen

Ein Patent auf Affen und andere Tiere, bei denen per Gentechnik Symptome der Alzheimer-Krankheit ausgelöst werden, sorgt bei Patentgegnern für Protest. Es stellt Nagetiere und Primaten bis hin zu Menschenaffen unter Schutz, die für die Forschung der Pharmaindustrie gezielt dement gemacht und dann als Versuchstiere verwendet werden. Gegen das Patent sei nun Einspruch eingelegt worden, teilte die Organisation "Testbiotech" mit. Das Europäische Patentamt (EPA) bestätigte den Eingang des Einspruchs.

Mit den patentierten Verfahren seien erhebliche Leiden für die Tiere verbunden - der konkrete medizinische Nutzen scheine hingegen fraglich, sagte Christoph Then von Testbiotech. Es gebe ethische Bedenken. Nicht zuletzt könnten solche Patente wirtschaftliche Anreize für unnötige Tierversuche schaffen. "Mit dem Leiden von Tieren darf aber kein Profit gemacht werden", sagt Then.

Das EPA hatte das Patent EP3066203 im Jahr 2020 an Forschungseinrichtungen in Frankreich erteilt. Die Anmelder argumentieren, Alzheimer sei die am häufigsten auftretende Form der Demenz und betreffe 70 Prozent der Fälle. Mit der steigenden Lebenserwartung insbesondere in Industrieländern nehme die Zahl weiter zu, Prognosen rechnen demnach mit einer Verdoppelung alle 20 Jahre.

Es gebe bereits mehrere derartige Tiermodelle, die aber nicht optimal seien für die Forschung, erläutern die Anmelder weiter. "Die Verwendung von viralen Vektoren zur Entwicklung experimenteller Modelle wäre ein wertvoller Durchbruch auf diesem Gebiet." Bei diesem Patent werden laut Then ausgewachsenen Tieren Viren ins Gehirn gespritzt, die krankmachende Gene übertragen. Damit bildeten sich sogenannte Plaques, wie sie bei manchen Formen von Alzheimer zu beobachten seien. Auch mit anderen gentechnisch veränderten Tieren sei es bisher nicht gelungen, wirksame Therapien oder Arzneimittel gegen die Alzheimer-Krankheit zu entwickeln, betonte Then. Angesichts bisheriger Fehlschläge erscheine ein Erfolg hier "sehr zweifelhaft".

Die Affenforscherin Jane Goodall zeigte sich damals zufrieden. Die Streichung der Ansprüche sei ein klares Signal an alle Wissenschaftler, "die zum Leiden fähige Tiere nur als ein Werkzeug der Forschung sehen", sagte sie. Derzeit werden laut "Testbiotech" in der EU jährlich rund zehn Millionen Tiere in Versuchen "verbraucht". Erst im vergangenen Jahr waren zwei Patente auf gentechnisch veränderte Menschenaffen gekippt worden. Die Technische Beschwerdekammer als gerichtliche Instanz des Europäischen Patentamts hatte die Ansprüche auf Schimpansen und andere Tiere als nicht patentfähig beurteilt - erstmals aus ethischen Überlegungen.

Quelle: ntv.de, chf/dpa

Mittwoch, 14. April 2021

Folgen der Corona-Pandemie: Massiver Anstieg chronischer Erkrankungen erwartet

Risiko für chronische Krankheiten durch Pandemie erhöht

Die größte amerikanische Herzgesundheitsorganisation erwartet einen massiven Anstieg von chronischen Krankheiten als Folge der SARS-CoV-2-Pandemie, insbesondere von kardiometabolischen Erkrankungen. Die Expertinnen und Experten rechnen mit einer regelrechten Welle von Todesfällen und Behinderungen aufgrund der anhaltenden Störungen im Gesundheitssystem.

Forschende der American Heart Association veröffentlichten zwei Artikel über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das amerikanische Gesundheitssystem. Die Folgen werden noch über kommende Generationen hinweg spürbar sein, prognostizieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in zwei Fachartikeln, die kürzlich im Journal „Circulation“ vorgestellt wurden.

Auswirkungen der Pandemie noch in Generationen spürbar

Während COVID-19 das tägliche Leben eines jeden Menschen stark beeinträchtigt hat, werden seine gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen nach Ansicht der American Heart Association noch über Generationen hinweg präsent sein. Die Pandemie habe in vielen Bereichen Störungen im Gesundheitssystem hervorgerufen. Ein dramatischer Wandel sei notwendig, um sich auf die durch die Pandemie verursachten Veränderungen in der kardiovaskulären Versorgung einzustellen.

Im ersten Artikel mit dem Titel „Avoiding the Coming Tsunami of Common, Chronic Disease: What the Lessons of the COVID-19 Pandemic Can Teach Us“ fordert Dr. Robert M. Califf dringende Veränderungen im US-Gesundheitssystem, um eine universelle Gesundheitsversorgung zu gewährleisten und um bessere Forschungsstrategien zu etablieren. Drei von zehn Todesfällen seien in den USA auf kardiometabolische Erkrankungen zurückzuführen.

COVID-19-Verfolgung als Vorbild für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Califf plädiert unter anderem für einen flächendeckenden Zugang zum Breitband-Internet, der den Zugriff zu medizinischen Informationen, digitalen Unterstützungsprogrammen und der Telemedizin verbessern könnte. Er empfiehlt eine detailliertere Verfolgung chronischer Gesundheitsbeschwerden in Echtzeit, ähnlich wie bei den Dashboards, die sich zur Verfolgung von COVID-19-Fällen durchgesetzt haben, inklusive Übersichten zu Krankenhausaufenthalten und Todesfällen.

Pionierin der Gendermedizin

Der zweite Artikel mit dem Titel „Incremental Change versus Disruptive Transformation: COVID-19 and the Cardiovascular Community“ stammt von Nanette K. Wenger, Professorin für Medizin in der Abteilung für Kardiologie an der Emory University School of Medicine. Sie ist Beraterin des Emory Heart and Vascular Center und Leiterin der Herzklinik und des ambulanten Labors am Grady Memorial Hospital in Atlanta.

Wenger gehört zu den ersten Forschenden, die sich auf die koronare Herzkrankheit bei Frauen fokussierten und unterschiedliche kardiovaskuläre Risikofaktoren, Symptome und Bedingungen für Frauen im Vergleich zu Männern untersuchten. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet und viele ihrer Erkenntnisse wurden in Leitlinien aufgenommen.

COVID-19-Pandemie verschärft Ungleichheiten

Wengers Artikel dokumentiert, wie die COVID-19-Pandemie die gesellschaftlichen und gesundheitlichen Ungleichheiten in den USA verschärft hat. Millionen Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, zahlreiche Industrien und kleine Unternehmen wurden finanziell extrem belastet. Zudem verschoben sich die Aspekte der wissenschaftlichen Medizinforschung drastisch. Sie lobt aber auch positive Veränderungen, wie die rasche Einführung der Telemedizin, die das Potenzial für eine allgemein verbesserte Gesundheitsversorgung habe und einen besseren Zugang zu gesundheitlichen Angeboten ermögliche.

Viele Verbesserungen der letzten Jahre zunichte gemacht

Durch die Veränderung im Gesundheitssystem und das Zögern von Patientinnen und Patienten aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 sich nicht in ärztliche Behandlung zu begeben, wurden Wenger zufolge viele Verbesserungen der letzten fünf Jahrzehnte in der akuten Versorgung von Schlaganfall-Betroffenen und Personen mit koronarer Herzkrankheit zunichte gemacht.

Auswirkungen auf Fachkräfte

Zudem habe die Pandemie auch dramatische Auswirkungen auf die Ausbildung und den Karriereverlauf von Gesundheitsfachleuten. Viele Medizinstudentinnen und -studenten landeten schnell in der Versorgung von Notfallpatienten, Fachleute fielen wegen Kinderbetreuungspflichten, Quarantänen und Überarbeitung aus. Das Pflegepersonal sei den Anforderungen nicht mehr gewachsen.

Positive Auswirkungen auf die medizinische Forschung

Im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens nennt Wenger auch einige positive Entwicklungen, aus denen man lernen kann. So wurde der sogenannte „Peer-Review-Prozess“ zur Überprüfung von wissenschaftlichen Forschungen stark verbessert und beschleunigt. Gesundheitsregister wurden schnell implementiert und Daten von COVID-Betroffenen wurden weltweit ausgetauscht. Solche Erfolge sollten auch nach der Pandemie als Vorbild für medizinische Forschung dienen, unterstreicht Wenger.

Die Pandemie für Gerechtigkeit und Innovationen nutzen

Die Konvergenz all dieser Themen und ihre Auswirkungen auf kardiovaskuläre Erkrankungen und die Versorgung bieten einzigartige Möglichkeiten für Veränderungen in der kardiovaskulären Medizin, der klinischen Versorgung und der Forschung“, schlussfolgert Wenger. Diese beispiellose Zeit müsse genutzt werden, um Innovationen zu maximieren und um eine höhere Gerechtigkeit für alle zu erreichen.


Myanmar: UNO-Kommissarin warnt vor Parallelen zu Krieg in Syrien

Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Bachelet, warnt mit Nachdruck davor, dass sich die Krise in Myanmar so entwickeln könnte wie der Krieg in Syrien.

Bachelet erklärte, auch in Syrien habe das Militär im Jahr 2011 mit unnötiger Gewalt auf friedliche Proteste reagiert. Nach anhaltender Unterdrückung hätten zunächst einige Menschen zu Waffen gegriffen, bis schließlich das ganze Land in eine Spirale der Gewalt geraten sei. Die Staatengemeinschaft müsse dafür Sorge tragen, dass sich in Myanmar nicht die tödlichen Fehler wiederholten, die damals in Syrien begangen worden seien. Das Militär in Myanmar müsse vollständig von Waffen und Finanzen abgeschnitten werden.

In dem asiatischen Land geht die Armee seit einem Militärputsch im Februar mit zunehmender Gewalt gegen Demonstrierende vor. Mehrere hundert Menschen wurden nach Angaben der Hilfsorganisation AAPP getötet.

Diese Nachricht wurde am 13.04.2021 im Programm Deutschlandfunk gesendet.